s begab sich, dass im Nachbarland von Schilda Krieg herrschte. Die Menschen in Schilda hatten große Angst und waren sehr verunsichert: Welch schlimmes Leid der Krieg bringt, sagten sie zueinander.
Mit dem Land, das den Krieg angefangen hatte, wollten sie keinen Handel mehr treiben! Leider allerdings kam das Öl und das Gas, das sie für ihre Automobile und zum Heizen ihrer Häuser brauchten, genau aus diesem Land.
Jetzt endlich, so sagten einige Bürger aus Schilda, müssen wir doch mehr Windmühlen errichten. Damit wir unabhängig werden, von fernen Handelswegen und Schurkenstaaten.
Doch der Bürgermeister widersprach: „Gerade jetzt, in diesen unsicheren Zeiten, müssen wir uns auf das Gewohnte verlassen. Wir Schildbürger haben schon immer etwas verbrannt, um unsere Energie daraus zu gewinnen, das wollen wir auch nicht ändern“. Er erklärte: „Damit das Land nicht weiter unter den steigenden Kosten für Öl und Kohle leiden muss, müssen wir sicherstellen, dass wir immer genug Öl und Kohle haben!“ Daher gruben die Schildbürger viele Löcher in Schilda, denn sie suchten in der Erde nach Kohle. Bald sah es landauf, landab aus wie auf dem Mond.
Trotzdem wurden das Tanken und Heizen immer teurer. Als es sich nur noch die reichsten Bürger leisten konnten, ihre Automobile mit kostbaren Öl zu füllen, verließen viele junge Familien Schilda.
Und siehe da: Donner grollte, dunkle Wolken zogen herauf, die Schildbürger wandten sich ab
„Erneuerbare Energien leisten nämlich nicht nur einen Beitrag zur Energiesicherheit und -versorgung. Erneuerbare Energien lösen uns von Abhängigkeiten. Erneuerbare Energien sind deshalb Freiheitsenergien. Wir setzen auf Freiheitsenergien.“
Christian Lindner, Bundesfinanzminister [1]
Wind und Sonne sind das neue Versorgungssicher
Am 24. Februar 2022 marschierten die russischen Streitkräfte in die Ukraine ein. Der Krieg ist eine historische Zäsur für Europa und auch für unsere Energieversorgung. Direkt nach dem Kriegsbeginn, schon Ende Februar 2022, hatten sich die Kohle- und Gaspreise fast verdoppelt, eine Entspannung der Situation ist bis heute nicht in Sicht. [2] Der Krieg in der Ukraine führt uns unsere Abhängigkeit von internationalen Märkten vor Augen und von Ländern, von denen wir unter Umständen nicht abhängig sein wollen.
Dabei beschleunigt der Krieg Entwicklungen, die sich zuvor schon zeigten:
- Fossile Energien werden teurer, während Strom aus Wind und Sonne günstiger werden.
- Erneuerbare Energien sind zu einem Standortfaktor für die Wirtschaft geworden.
- Die Versorgung mit fossilen Energieträgern wird zunehmend unsicher, gleichzeitig nimmt die Netzstabilität zu, obwohl die Anteile Erneuerbarer Energien steigen.
Dass die Kosten für fossile Energieträger steigen, hat mehrere Gründe. Nicht nur wird das Rohöl immer teuer, für das Verbrennen fossiler Energieträger müssen inzwischen auch teure CO2-Zertifikate erworben werden. Seit 2021 fällt weiterhin auf fossile Brennstoffe eine Steuer an.
2014 mahnte Ministerpräsident Tillich, „ein gesteuertes und damit langsameres Ausbautempo bei erneuerbaren Energien“ sei notwendig, [3] weil ansonsten die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Wirtschaft auf dem Spiel stehe und die „Gefahr einer Deindustrialisierung“ drohe. Auch der amtierende Ministerpräsident Michael Kretschmer spricht Wind und Co. die Systemrelevanz ab, wenn er zur Eröffnung des Ostdeutschen Energieforums im September 2021 erklärt: „Es ist völlig unstrittig, dass es mehr Erneuerbare Energien braucht als bisher. Aber ob wir auf diesem Weg Deutschland wettbewerbsfähig halten, ist nicht entschieden.“ [4]
Dabei hat sich die Situation heute umgedreht: Wirtschaftlich abgehängt wird, wer nicht rechtzeitig auf Erneuerbare gesetzt hat. So befürchtet unter anderem der Landesverband Sachsen des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW) gerade dann eine De-Industrialisierung des Landes, wenn Sachsen nicht den Ausbau der Erneuerbaren beschleunigt. [5]
Denn die CO2-Bilanz von Firmen wie VW, BMW, Siemens oder Infineon hängt vor allem an der Klimabilanz ihres Energieverbrauchs. Um klimaneutral zu werden, müssen sämtliche Produktionsprozesse in den kommenden Jahren auf klimaneutral erzeugten Strom umgestellt werden. Wenn Sachsen keinen grünen Strom bereitstellen kann, verliert es zunehmend an Attraktivität.
Allein gelassen von der Politik machen sich große sächsische Industrieunternehmen eigenständig auf den Weg, sich mit Erneuerbaren Energien zu versorgen. So hat BMW beispielsweise eine Speicheranlage gebaut, um Stromüberschüsse aus den Windrädern des BMW-Werks zu speichern und die Produktionsstätte durchgehend mit Energie zu versorgen. [6]
Sachsens Energieminister Wolfgang Günther (Grüne) erklärte im Streit um den vorgezogen Braunkohleausstieg: „Der beschleunigte Ausbau der Erneuerbaren ist so wichtig wie nie. Er ist längst nicht mehr allein eine Frage des Klimaschutzes. Der Ausbau ist eine industriepolitische Gretchenfrage für Sachsen – wegen der hohen fossilen Energiepreise, aber auch wegen der enormen wirtschaftlichen Potenziale beim Bau der Anlagen. Der Ausbau der Erneuerbaren entscheidet aktuell über unsere Sicherheit, über unsere Unabhängigkeit von einem Aggressor, über unsere Entscheidungsspielräume.“ [7]
Sichere Netze, auch mit Erneuerbaren?
Obwohl der Anteil erneuerbarer Energien im Strommix in den letzten Jahren stark zugenommen hat, ist das Netz nicht anfälliger für Ausfälle geworden. Im Gegenteil: der sogenannte „System Average Interruption Index“ (SAIDI) hat sogar noch zugelegt. Der Index zeigt auf, wie häufig das Netz ausfällt, für Fachleute der Indikator für die Netzstabilität.
- In Brandenburg, dem Nachbarland Sachsens, in dem viel Strom aus Wind und Sonne ins Netz gespeist wird, verzeichnete die Bundesnetzagentur (BNetzA) im Mittelspannungsnetz nur 2020 nur 17,4 Minuten Netzausfall. 2008 waren es noch knapp 40 Minuten im Jahr.
- Deutschlandweit ist der Wert in den vergangenen 15 Jahren von 20 Minuten auf rund 10 Minuten gesunken.
- Zum Vergleich: In den USA haben Haushalte im Durchschnitt 280 Minuten im Jahr keinen Strom, obwohl dort der Anteil erneuerbarer Energien wesentlich geringer ist. Im internationalen Vergleich hat Deutschland das sicherste Netz, obwohl wir schon heute einen hohen Anteil erneuerbarer Energien haben.
Erneuerbare Energien sind heute der Garant für Wirtschaftsansiedlungen und Unabhängigkeit sowie Sicherheit bei der Versorgung. Um das Land zukunftsfähig zu machen, müssen die politischen Entscheidungsträger Sachsens aufhören, von den Spickzetteln der Kohleindustrie abzulesen. Denn: Sachsen kann Energieland bleiben – aber nur Erneuerbar.
Quellen
[1] Finanzminister Christian Lindner in seiner Rede während der Sondersitzung des Bundestags zum Krieg in der Ukraine. Vgl. https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Reden/2022/2022-02-27-bundestagsrede-lindner-ukraine.html
[3] Vgl https://www.medienservice.sachsen.de/medien/news/190554 und https://www.welt.de/regionales/sachsen/article159280729/Tillich-warnt-vor-Verabschiedung-des-Klimaschutzplanes.html
[6] Vgl: https://www.elektropraktiker.de/nachricht/bmw-eroeffnet-batterie-speicherfarm-in-sachsen/
[7] ZEIT Online, Günther warnt vor einem Festhalten an Kohle und Atomenergie. https://www.zeit.de/news/2022-05/20/guenther-warnt-vor-einem-festhalten-an-kohle-und-atomenergie